on 7. Mai 2018 by ultimaslagrimas
Oder: Traitor live. Eine kurze Manöverkritik.
Die eine Hälfte des Moderatoren-Teams von Ultimas Lagrimas war am Samstag, 5. Mai, abends noch fit genug, um sich einen musikalischen Leckerbissen zu gönnen: Für die vier Jungs von Traitor stand die Bühnenpremiere ihres neuen Albums im Tübinger Epplehaus an.

„Einlass-Stopp“ war schon früh an der Eingangstür zu lesen, das Epplehaus ausverkauft. Ja, das wisse man, die Balinger würden jede Menge Fans mitbringen, sagte mir drinnen ein Bekannter, nachdem die netten Leute am Einlass mich als Medienvertreter freundlicherweise trotzdem noch eingelassen hatten.
Im Untergeschoss stieß ich nach kurzer Suche und kurzem Händedruck von Gitarrist Gerd dann auf Andreas, Stimme, Kopf und Schlagwerk unserer Lieblings-Thrasher von der Zollernalb. Er hatte für mich die neue Vinyl-LP und ein Thrash-Commando-T-Shirt mitgebracht. Sehr nett, sich nach vielen Jahren des Mail-Kontakts endlich mal persönlich zu begegnen und die Sprechstimme zu hören (in sympathischem Schwäbisch).
Kurz nach 23 Uhr wurde es im oberen Saal dann laut: Mit Traitor!Traitor!-Rufen begrüßten die Fans Andreas, Gerd, Lorenz und Matthias zum kurzen Soundcheck. Die Gitarren wie immer etwas zu dominant, aber was soll’s, es klang zumindest sauber (aus dem Balinger Sonnenkeller fünf Jahre zuvor war ich weniger gewohnt).
Dann war die Bühne leer und das von Andreas angekündigte Live-Intro erklang: Ein kurzes Hörspiel mit Synchronsprecher Kai Taschner („Traitor? Was für ein blöder Name!“) bewies, dass sich die Band selbst nicht zu ernst nimmt – das ist eines der Elemente, die sie ungeachtet aller Härte von Musik, Texten und Plattengrafiken sympathisch macht.
Und dann ging’s mit dem Titelsong vom aktuellen Album (nebst Doom-Intro) auch schon los: Song auf Song, kein großes Gelaber dazwischen, immer in vollem Tempo, immer mit vollem Druck. Gut anderthalb Stunden lang (plus Zugabe) feuerten Andi und seine Bande Mosh-Hit auf Schredder-Track in den kleinen Raum, in dem kaum ein Durchkommen war. Viele der Songs funktionieren live deutlich besser als von Platte und zeigen damit, dass man die Thrash-Heroen vom Eyach-Ufer am besten bei einem Konzert erleben sollte – um so mehr, wenn man von der Bassdrum auch was hört und diese nicht weitgehend heruntergemischt wird (ein weiterer, kleiner Tadel an den Mischermann!).
Traitor zeigten im Epplehaus, welche Bühnenerfahrung sie von mehr als 100 Auftritten inzwischen haben. Denn bei aller erkennbaren Anstrengung, von der schweißtriefende Haare und Leiber bei Musikern und headbangenden Fans gleichermaßen zeugten, wirkte der Auftritt insgesamt wie eine wilde, fröhliche Party, bei der die Leute sowohl auf und als auch vor der Bühne einen riesigen Spaß hatten. Selbst zwei ganz hinten stehende Metaller, die offensichtlich für eine der beiden Vorbands gekommen waren und beim Intro noch über die Balinger Buben frotzelten, ließen sich schnell mitreißen und streckten bald begeistert die Pommesgabeln in die Höhe.
Traitor live, das ist Musik aus der Szene, mit der Szene und für die Szene – anders kann man das nicht sagen. Wer Thrash Metal mag, sollte den nächsten Auftritt des Quartetts nicht verpassen.