on 3. September 2016 by ultimaslagrimas
Dibbuk ist ein seltsam schöner und beunruhigender Film, der den Zuschauer mit dem Gefühl von Unbehagen zurücklässt, das sich unterschwellig durch die gesamte Länge von 94 Minuten zieht. Er ist eine Geistergeschichte, ein Drama, ein Blick in die polnische Vergangenheit, eine bittere Komödie.
Piotr und Zaneta wollen heiraten. Piotr richtet das Gebäude her, in dem gefeiert werden und das Paar später wohnen soll. Dann stößt er auf ein Skelett in einem ungekennzeichneten Grab, dessen Existenz sein Schwiegervater eilig leugnet. Das Fest beginnt – und läuft völlig aus dem Ruder, bis hin zum rätselhaften Verschwinden einer der Hauptpersonen.
Dibbuk zeichnet sich durch eine meisterliche Charakterisierung seiner Figuren aus. Sie sind in ihrer fahlen Menschlichkeit teilweise gruseliger als das übernatürliche Element des dem Film seinen Titel gebenden, jüdischen Totengeists.
Ist dies ein Horrorfilm? Nicht, wenn man damit Schockeffekte und physische Gewalt verbindet. Genrekonventionen ignoriert die Inszenierung gänzlich. Gerade deswegen lässt einen Dibbuk nicht kalt – insbesondere die Diskrepanz zwischen den trunken Feiernden, der um das Aufrechterhalten des Anscheins von Normalität bemühten Familie Zanetas und dem Bruch eben dieser Normalität, die sich aus einer zunehmend deutlicher werdenden, historischen Schuld manifestiert.
Genre: Arthaus-Horror
Note: 1-
Fazit: Der Film ist ein weiterer Beweis dafür, dass intelligenter, künstlerisch anspruchsvoller Grusel vor allem dann gelingt und wirkt, wenn er sich vom Mainstream-Horror US-amerikanischer Prägung emanzipiert und Kristallisationskerne des Schreckens dort findet, wo er kulturell und historisch herkommt. Traurig, dass Dibbuk die letzte Arbeit von Marcin Wrona bleiben wird: Der Regisseur hat sich 2015 kurz nach der Premiere des Films das Leben genommen.

Dibbuk – eine Hochzeit in Polen