Festa, Frank (Herausgeber): Der Cthulhu-Mythos 1976-2002, Leipzig 2003, Festa Verlag; 308 Seiten
Horror-Autoren, die seit den 1980er-Jahren bis in die jüngste Gegenwart hinein auf Lovecrafts Cthulhu-Mythos Bezug nahmen, scheinen nicht mehr, wie noch ihre Vorläufer in den 1940er- bis frühen 1970er-Jahren, nicht allein inhaltliche, sondern auch sprachliche Anleihen beim großen Meister des kosmischen Schreckens nehmen zu müssen. Der zweite Band der von Festa herausgegebenen Anthologie von Lovecraft inspirierter Texte versammelt elf Kurzgeschichten von Schreibkünstlern, die eindeutig aus dem Lovecraft-Fundus schöpfen, aber doch jeweils einen ganz unterschiedlichen Ansatz und Dreh finden.
Darunter sind eher hausbackene Texte wie Lin Carters „Glocke im Turm“ oder „Der runde Turm“ von Robert M. Price, die im wesentlichen Ideen Lovecraft paraphrasieren, aber immernoch recht unterhaltsam sind. Es finden sich aber auch nahezu perfekte Meisterwerke wie Ramsey Campbells „Stimme des Strandes“ oder Brian Hodges „Feuerbrand-Symphonie“ (obgleich man letzteres auch als literarische Verbeugung vor John Carpenters „In the mouth of madness“ wahrnehmen kann). Die Mischung ist gelungen und sollte für die meisten eingefleischten Lovecraft-Leser etwas bieten.
Allerdings kommt das vor allem während der wirkungsvollsten Phase des Schaffens Lovecrafts (1926 bis 1931) dominierende, überirdische Grauen meist zu kurz, das in der Bedeutungslosigkeit des Individuums beziehungsweise der menschlichen Rasse an sich liegt: Einzelschicksale der mit dem Übernatürlichen Konfrontierten stehen meist isoliert im Mittelpunkt, globale Ereignisse bilden bestenfalls die Staffage für den unentrinnbaren Lauf der Geschehnisse. Das macht die Geschichten nicht schlechter, fällt aber zumindest auf.
Dessen ungeachtet: Der Cthulhu-Mythos 1976-2002 bietet sich für Horror-Fans als Lektüre an, denen weder blutspritzende Slasher-Fiction noch reines Lovecraft-Epigonentum als Unterhaltung genügen. Richtig gruseln wird man sich kaum einmal, wohl aber vom Ideenreichtum der vom Cthulhu-Mythos inspirierten Autoren gut unterhalten sein.
Bewertung: 1
Zur Rezension von Der Cthulhu-Mythos 1917-1975